AUSSTELLUNGSHALLE - Schulstraße 1a HH - 60594 Frankfurt a.M. - Tel.:069/96200188
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Sachsenhäuser Hinterhofcharme

Die "AusstellungsHalle Schulstraße lA" ist von der endgültigen Schließung bedroht

Schubert weht durch den Raum. Ein paar Takte nur, und doch scheint es, als kommentierten sie die Stimmung in der weiten und lichten Halle in diesem Sachsenhäuser Hinterhof. Drei Bilder aus der letzten großen Ausstellung mit Arbeiten von Absolventen Hermann Nitschs hängen wie vergessen an der Wand, Werkzeug liegt herum, ein paar Stellwände strukturieren den Raum. Wenn nicht alles täuscht, wird Robert Bock hier zum letzten Mal aufräumen. Abschied liegt in der herbstlichen Luft, und nicht wenige dürften das voraussichtliche . Ende der AusstellungsHalle Schulstraße IA mit Bedauern zur Kenntnis nehmen. Wo, wenn nicht hier, hätte etwa Martina Kügler nach längerer Abstinenz vom AusstelJungsbetrieb ihre Zeichnungen zeigen können; wo sonst in Frankfurt jenseits der Institutionen wäre es möglich, große Formate aller Disziplinen angemessen zu präsentieren?

Manch eine Ausstellung mit großformatigen Gemälden und Skulpturen, so Bock, hätte allein schon aus Raumgründen nirgendwo anders stattfinden können. Vor knapp fünf Jahren hat der promovierfe Kunsthistoriker die ehemalige Waschhalle übernommen, eigenhändig renoviert und seitdem mit Unterstützung des Vereins "Kunst in Frankfurt e.V." rund 30 Ausstellungen organisiert, außerdem Lesungen, Performances und Künstlergespräche. "Ich habe das gemacht, weil es gesellschaftlich notwendig ist. Geradeso wie eine Straßenbahn in der Stadt. Ich habe gar nicht lange darüber nachgedacht." Und daß der Bedarf zweifellos vorhanden ist, das zeigten die Nachfrage wie der Zuspruch von Anfang an. "Man braucht diese Ebene, auf der wirklich etwas probiert werden kann, auch wenn es sich nicht vermarkten läßt."

Doch die Beachtung, die einem der schönsten Ausstellungsräume Frankfurts mit bisher rund 20 000 Besuchern zuteil wurde, reicht allein nicht aus. "Fünf Jahre habe ich versucht, eine Finanzierung herzustellen. Es ist das einzige, was nicht geklappt hat", sagt Bock. Zuschüsse aus Projektmitteln der Stadt, eine Anschubfinanzierung der Hessischen Kulturstiftung, das ist für einen kontinuierlichen Betrieb bei weitem nicht ausreichend. Das Geld für dieses Jahr ist längst aufgebraucht. Zusätzliche Sponsoren mag zuweilen der durchaus reizvolle Hinterhofcharme rund um die funktionale Industriearchitektur der sechziger Jahre befremden.

Aber "auch ein paar Buchsbäumchen im Hof und Canapees mit Schleifchen" zur Vernissage würden das nicht wirklich ändern. Das eigentliche Kapital sei doch dieser außergewöhnliche Raum.

"Künstlerförderung wird leider allzuoft mit Selbstdarstellung verwechselt. Und bevor ich anfange, etwas aus dem Raum zu machen, was er nicht ist, gehe ich lieber putzen."

Schließlich hat Bock die AusstellungsHalle nie als kommerzielles Projekt betrachtet, sondern als Kulturangebot. Er leiste keine Galeriearbeit, die einen Künstler über zehn Jahre kontinuierlich aufbaue. Sein Interesse war von Anfang an ein anderes. "Ich will den Galerien zuarbeiten, die Künstler vermitteln." Basisarbeit, wenn man so will. Die Bereitstellung einer Infrastruktur für die hier lebenden Künstler ist das Anliegen von Robert Bock. Schließlich brauche eine Stadt wie Frankfurt eine solche Zwischenebene im Kunstbetrieb -jenseits von etablierten Institutionen und Galerien. Es sei kaum nachvollziehbar, wenn die Stadt mit erheblichem Aufwand Ateliers fördere, es aber keinen Ort gebe, in der die hier ausgebildeten und von der Stadt teils über Jahre unterstützten Künstler ausstellen könnten. "Die waren auf der Städelschule, dann drei Jahre weg, und plötzlich interessiert sich keiner für sie. Was sollen die machen? Aufhören? Das ist doch für einen Künstler keine Lösung." Die freitragende AusstellungsHalle füllt also in der Tat eine Lücke im hiesigen Kunstbetrieb Und so waren es vorwiegend, aber nicht ausschließlich Frankfurter Künstler, in der Regel ohne Bindung an eine Galerie die in dem mit 250 Quadratmeter Fläche außergewöhnlichen Raum ihre Arbeiten zeigten. Beinahe blind konnte man sein Schritte in die Schulstraße lenken, anregend war ein Besuch allemal, nicht selten deutlich mehr. Die Städelschulprofessoren Peter Angermann und Hermann Nitsch, die sich ganz bewußt für die AusstellungsHalle entschieden haben, waren hier ebenso mit ihren Arbeiten zu sehen wie die Fotografen Gerald Domenig und Peter McClennan oder Thomas Kilpper mit seinen großformatigen Holzschnitten. Laura Padgett zeigte mit "morning glories" ihre erste Serie mit Farbfotografien, und im Sommer konnte man die großformatige Malerei Kai Teicherts in einer mitreißenden Ausstellung bewundern.

Dabei zeichnete sich die Schulstraße immer auch durch ihre Atmosphäre aus Die Vernissagen waren nicht selten heitere Feste unter freiem Himmel, der Raum ein Ort der Begegnung mit der Kunst und den Künstlern dieser Stadt. All das vermeint man noch zu spüren, liegt noch in der Luft, obgleich das herbstlicht Licht für beinahe schon romantisch zu nennendes Ambiente sorgt. Wenn sich Robert Bock noch ans Klavier setzt und ganz für sich, ein Lied von Schubert in den Raum schweben läßt, mag man an Abschied denken und, hofft doch auf das nächste Frühjahr. Doch im Zweifel schert sich auch der Kunstbetrieb nicht um Sentimentalitäten. "Die AusstellungsHalle ist bis auf weiteres geschlossen" heißt es lapidar auf der Internetseite www.ausstellungshalle.info. Möglicherweise wird Bock den Raum erst einmal für ein Jahr untervermieten. Den Mut aber hat er nicht verloren. Nun will er an die Mitglieder des Kulturausschusses und die Fraktionen im Römer appellieren.

CHRISTOPH SCHÜTTE

(Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 08.10.2003 )

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Künstler verlieren ihr Domizil

AusstellungsHalle muss nach fast fünf Jahren aus finanziellen Gründen schließen

Sachsenhausen. Für Frankfurter Künstler war sie eine wichtige Adresse: die Ausstellungshalle in der Schulstraße 1 A. Die ehemalige Wäscherei bot ihnen auf 250 Quadratmetern seit 1999 die Möglichkeit, ihre Werke auszustellen. Damit ist jedoch erst einmal Schluss, denn Robert Bock, auf dessen Initiative die Ausstellungshalle entstand, musste sie aus finanziellen Gründen schließen. Und es scheint endgültig zu sein, wenn die Einrichtung nicht doch gefördert wird.

Wir sind von Anfang an sehr knapp gehalten worden", bedauert Robert Bock. "Leider sind wir nie in die institutionelle Förderung gekommen wie der Frankfurter Kunstverein und haben dadurch auch keine dauerhaften Subventionen erhalten." Als Unterstützung habe es von der Stadt nur so genannte Projektmittel gegeben. "Das waren rund 4000 Euro im Jahr. Damit kann man aber nichts groß bewegen."

Denn Robert Bock versteht seine Ausstellungshalle als einen Kompromiss zwischen einer Galerie und einem Museum. Eine Galerie sei meistens kleiner und diene vor allem dem Verkauf von Gemälden. Zwar konnten die Künstler auch in der Schulstraße ihre Werke veräußern, doch insbesondere sollten sie die Möglichkeit bekommen, ihre Bilder oder Skulpturen der Offentlichkeit zu präsentieren.

Entsprechend begehrt war die Halle in der Kunstszene. Zum einen bot sie enorme Dimensionen und das noch auf ebener Erde, wie sie sonst kaum zu finden sind. Zum anderen kamen dort Maler, Fotografen oder Bildhauer aus Frankfurt zum Zuge, "die zwar auf einem sehr hohen Niveau arbeiten, sich aber in einer gewissen Außenseiter-Position befinden". So haben sie nicht das Geld, um Raum und Organisation für eine Ausstellung zu bezahlen und konnten kostenlos die Halle nutzen. Robert Bock hat die Koordination übernommen.

Ergänzt wurde das Programm durch Lesungen, Theater,- Musik- und Filmaufführungen, Diskussionsrunden, Tischgesellschaften und Performances.

Die Räume standen aber auch freien Kuratoren, Galerien, Vereinen sowie privaten und städtischen Institutionen etwa für Architekturwettbewerbe zur Verfügung, so dass darüber auch mal Geld in die Kasse kam."Doch das hat bei weitem nicht ausgereicht, um uns zu sanieren." Jetzt allerdings sind auf Grund der allgemeinen schlechten Wirtschaftslage auch diese Einnahmen stark zurückgegangen, so dass die Halle nicht mehr zu bewirtschaften ist. "Wir konnten uns in der Vergangenheit ja nichts ansparen, um jetzt davon zu zehren."

Da reicht auch das Engagement des Vereins "Kunst in Frankfurt",Mitglied , der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine, nicht aus, der sich auf die Suche nach Sponsoren begibt und dessen Mitgliedsbeiträge der Halle zugute kommen. Die Professoren Gebhard von Jagow und Thomas Heimer, die beiden Vorsitzenden von "Kunst in Frankfurt", sehen keine Möglichkeiten mehr: "Die Mittel, die wir durch Eigenleistungen, Sponsoren und Mitglieder unseres gemeinnützigen Vereins erschließen konnten, sind erschöpft." Deshalb setzen sie sich jetzt für eine "angemessene städtische Förderung" ein und loben im gleichen Atemzug das Engagement von Robert Bock.

Für den Koordinator steht es derweil außer Frage, dass die Halle Subventionen verdient hätte. ,Wo sonst gibt es denn in Frankfurt solche Möglichkeiten? Und das noch in so zentraler Lage nahe dem Südbahnhof." Über 30 Ausstellungen waren bei ihm schon zu sehen, darunter von Evangelia Pitsou, Corinna Mayer und Karsten Kraft. Auch die Verabschiedung von Hermann Nitsch mit Bildern aus seinen Klassen an der Städelschule von 1971 bis 2003 wurde dort gefeiert. Gut 20.000 Besucher waren seit Bestehen der Einrichtung in der Schulstraße.

"Wir haben alle unsere Aktivitäten genau aufgeführt, so däss jeder sehen kann, dass hier wichtige Arbeit geleistet wird", meint Robert Bock. "Ansonsten würde ich gerne wissen, was wir sonst noch alles machen müssen, damit wir institutionell gefördert werden."

Andreas Flender

(Franfurter Neue Presse vom 09.10.2003 )

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Platz für Bundes- und Regionalliga

Robert Bock machte in der Frankfurter Ausstellungshalle 1A gute Arbeit, doch nun ist sie gefährdet.

Ist die Ausstellungshalle 1 A noch zu retten? Ann Anders ist nicht amüsiert, denn das finanzielle Drama um diesen Raum für Kunst eskaliert. Klaus Klemp, meint die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, hätte Robert Bock und seiner ambitionierten Kunsthalle in Sachsenhausen schon vor Jahren Planungssicherheit verschaffen müssen.

Jetzt steht die Institution - kurzerhand benannt nach der Hausnummer in der Schulstraße - vor dem Aus. In letzter Minute bittet nun auch der Verein Kunst in Frankfurt mit einem Rundschreiben an alle "Kunstfreunde", aktiv den Fortbestand zu sichern und bittet um Solidaritätsbekundungen: "Die finanzielle Situation hat sich derart verschärft, dass eine Aufrechterhaltung des Betriebs nur mit einer angemessenen städtischen Förderung möglich ist." Klaus Klemp weiß das wohl. "Ich finde Bock klasse und die Halle prima", sagt der Abteilungsleiter Kultur im Amt für Wissenschaft und Kunst. Seit 1999 hat Robert Bock in der ehemaligen Wäscherei mehr als 30 Ausstellungen überwiegend mit Künstlern aus Frankfurt bestritten. Der Kunsthistoriker übernahm Aufgaben, für die seiner Überzeugung nach "eigentlich die Kommunale Galerie oder der Kunstverein zuständig wären". Es gelang ihm, "zur Förderung der lokalen Künstlerschaft und Vermittlung zeitgenössischer Kunst" beizutragen.

Jenseits des Hauptstroms und fern jeder Impresario-Attitüde bot Bock ein gut verankertes und vielseitiges Programm. Heute waren es Städelschüler, die er lancierte, am nächsten Tag Autodidakten, aber auch "Leute wie Gerald Domenig, die auf Bundesliga-Niveau spielen". Hermann Nitsch stellte bei ihm aus, Peter Weiermair hat kuratiert. Klemp hat das alles mitbekommen. Klar ist ihm auch, dass Bock eine "institutionelle Förderung braucht, aber die muss das Stadtparlament beschließen". Warum bislang nichts geschah? Bock fehle halt das "wirtschaftliche Händchen", und er habe bislang kein Finanzierungskonzept vorgelegt, bemängelt Klemp. Derweil klagt Bock, der "ein System entwickelt hat, das Ausstellungen nichts kosten lässt" - und etwa Mobiliar bei Betriebsauflösungen abstaubt, um Kosten niedrigst zu halten -, das Kulturamt habe ihm "immer nur Häppchen hingeworfen". Über Wasser hielt er sich mit Untermietern wie der Ponto-Stiftung. Früher wurde die einzigartige Industriehalle in zentraler Lage mit "Hinterhofcharme" sogar bei Architekturwettbewerben gebucht. Doch nun ist die Situation so ernst, dass der charismatische und improvisierfreudige Ausstellungsmacher nicht mehr weiter weiß und zum Monatsende dicht machen muss. Oder geschieht noch ein Wunder? Klar ist Robert Bock inzwischen, "dass ich mich zu wenig um den politischen Meinungsbildungsprozess gekümmert habe, dabei funktioniert ohne öffentlichen Druck leider gar nichts".

Von Dorothee Baer-Bogenschütz

 

(Frankfurter Rundschau vom 10.10.2003 )

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Wer stellt wem ein Bein ?

"Frankfurter Ausstellungshalle 1A" droht die Schließung.

"Ann Anders ist top", sagt Robert Bock. "drei Minuten nach meinem Fax hat sie angerufen und mir den Kopf gewaschen." Klar gemacht hat die kulturpolitische Sprecherin der Grünen- alarmiert von Bocks Schließungsandrohung mit Hilferuf, dem Leiter der 1A" daß ich mich zu wenig um die politischen Meinungs-bildungsprozesse gekümmert habe, dabei funktioniert ohne öffentlichen Druck leider gar nichts." Ausgegangen war der promovierte Kusnthistoriker bisher davon" dass hier alles mit rechten Dingen zugeht. Zur Kenntnis nehmen musste er jedoch ein deutliches Interesse an Kontaktpflege seitens des Kulturdezernates und Amtes für Wissenschaft und Kunst. "Unsere Anträge werden grundsätzlich nicht ordnungsgemäß beantwortet. Dabei leistet Robert Bock außerordentliches. Seit 5 Jahren bespielt er mit knappsten Mitteln, viel Einfühlungsvermögen, Improvisationsgeschick und Gespür für das, was Frankfurts Kunstleben Not tut, in einer ehemaligen Wäscherei, die schlicht nach der Hausnummer benannte "AusstellungsHalle 1A".

Er übernimmt "ohne angemessene Finanzierung" Aufgaben, für die eigentlich die Kommunale Galerie oder der Kunstverein zuständig wären", will "systematisch zur Förderung der lokalen Künstlerschaft und Vermittlung zeitgenössischer Kunst" beitragen.Tatsächlich bietet Bock jenseits von Main - Stream und Impresario - Attitude –"mich interresseiert der autonome Kunstbegriff"- ein so exzellentes wie vielseitiges Programm, das dennoch nicht zerfasert.

Heute zeigt er Staedelschüler, morgen Autodidakten, lokale Größen wie "Domenig", die auf Bundesliga Niveau spielen". Nitsch stellte bei ihm aus, Weiermair hat kuratiert.

Rund 30 Ausstellungen gab es bisher, darunter Projekte von "Untermietern" wie der Ponto – Stiftung, ohne die Bock nicht existieren könnte, wobei er erkennt, daß Bedarf da ist, ich könnte die Halle jeden Tag vermieten". Doch das darf nicht der Sinn der Sache sein. Vielmehr muß es Robert Bock, der" ein System entwickelte, daß Ausstellungen nichts kosten läßt" und beispielsweise Mobiliar bei Betriebsauflösungen abstaubt, mit einer städtischen Förderung ermöglicht werden, weiterzuarbeiten. Dazu ruft jetzt der Verein "Kunst in Frankfurt" auf. Unterdessen redet Klaus Klemp, vom Kulturamt -"die haben uns immer nur Häppchen hingeworfen"(Bock) um den heißen Brei. Er fände zwar" die Halle prima und "Bock klasse", aber das wirtschaftliche Händchen fehle ihm. Ich kann ihm nicht helfen, wenn er kein Finanzierungskonzept vorlegt und den Fehler macht, zu sagen "ich kann alles allein." Stellt sich also, wer in der Autarkie seine Tugend sieht, selbst ein Bein? Klemp hätte Bock schon vor Jahren auf die Sprünge helfen müssen, ärgert sich Anders.


Dorothee Baer Bogenschütz

(Informationsdienst Kunst Nr. 286 Seite 20 )

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Größenwahn, Ignoranz und Untätigkeit

Wenn der Kulturpolitik weiter nichts als Sparen einfällt , sorgt sie für Kahlschlag in der freien Szene

Die Wirtschaftskrise entfacht bundesweit die Diskussion um Subventionen. Kommunen und Länder sehen sich gezwungen, Einschnitte in ihr Leistungsangebot vorzunehmen. Konzepte zur Sicherung der Grundversorgung sind gesucht. In Frankfurt wäre die Krise eine Chance zur Durchsetzung notwendiger Reformen .

Für die Überprüfung der städtischen Zuschüsse im Bereich der Kunstförderung ist bislang nicht einmal der Ansatz eines inhaltlichen und zeitlichen Konzeptes erkennbar. Oftmals ist die städtische Förderung nutzlos und sogar kontraproduktiv. Ihr Fortbestand leitet sich aus Gewohnheitsrechten ab und dient vorrangig dem Erhalt bestehender Privilegien und Machtstrukturen. Die im Vorwort zum städtischen Haushaltsplan 2002 benannte Forderung nach "strukturierten Darstellungen der Leistungsseite in Form messbarer Leistungs- und Qualitätsziele" wird offensichtlich von den verantwortlichen Politikern ignoriert.

Die Liste der von der Stadt Frankfurt institutionell geförderten städtischen Zuschussempfänger und die Höhe der Zuschüsse sind im Internet einzusehen (www.stadt-frankfurt.de/ stadt kaemmerei/ haushalt2002") Geldwerte Leistungen, wie Gestellung von Personal und Mietsachen, sind bei den genannten Fördersummen nicht berücksichtigt. Es wird nicht öffentlich dargestellt, welche Funktionen die betreffenden Einrichtungen ausüben.

Es drohen Verteilungskämpfe

Neue institutionelle Förderungen werden kategorisch abgelehnt. Als einzige Finanzierungsmöglichkeit für Aktivitäten lokaler Künstlerinnen und Künstler stehen sehr begrenzte sogenannte Projektmittel zur Verfügung. Adäquate Räume für Ausstellungsvorhaben werden nicht bereitgestellt.

Die Verwaltung der Projektmittel obliegt dem Amt für Wissenschaft und Kunst. Voraussetzungen für die Genehmigung und Kriterien der Entscheidung werden den Antragstellern nicht zur Kenntnis gebracht.

Die Verknappung der vorhandenen Mittel führt zu Verteilungskämpfen. Die Zuschüsse werden zunächst stillschweigend dort gekürzt, wo der geringste Widerstand zu erwarten ist: In jener breiten Schicht der Kulturschaffenden, die jenseits hochsubventionierter Institutionen mit großem persönlichen Einsatz zum Erhalt urbanen Lebens beiträgt. Mit relativ geringen Zuschüssen werden auf der Basis freiwilliger Leistungen, zahlreiche Projekte erfolgreich und effizient verwirklicht. Die Unterstützung der "Kultur von unten" müsste daher gerade jetzt absolute Priorität genießen.

Überangebot an Sensationen

Es geht bei dieser Forderung keineswegs um ein Diktat von Verteilungs- gegenüber Qualitätskriterien. Die Politik müsste überhaupt erst einmal Qualitätsbegriffe entwickeln und Ziele definieren. Liegt die Entscheidungsgewalt bei sogenannten Expertengremien und geht die Kommerzialisierung des Kunstbetriebs weiter, steht am Ende eine Monokultur. Eine dilettantische Kulturpolitik ist von irrationalen Handlungsmustern geprägt. Öffentlicher Druck ersetzt rationale Argumentation. Unter Berufung auf "die Quote" setzen die Verfechter einer vermeintlichen Hochkultur die Institute einem ruinösen Konkurrenzkampf aus.

Um den Repräsentationsansprüchen von Sponsoren und dem Konsumverhalten des Publikums zu entsprechen, werden, gewissermaßen im vorauseilenden Gehorsam, wissenschaftliche und ästhetische Standards herabgesetzt.

Es ist mittlerweile ein Überangebot an sensationellen, aber extrem kostenintensiven Inszenierungen entstanden. Die Diffamierung der Tradition, ihrer Werte und Beurteilungskriterien hat, besonders auf dem lukrativen Markt zeitgenössischer bildender Kunst, Manipulationen Tür und Tor geöffnet.

An die Stelle der ursprünglich von der Stadt Frankfurt beabsichtigten Künstlerförderung ist die Diskriminierung und Ausgrenzung zahlreicher Künstlerinnen und Künstler getreten. Anhand folgender Beispiele ist das zu belegen:

Der Frankfurter Kunstverein e.V. erhält von der Stadt jährliche Subventionen in der Größenordnung von 300 000 Euro. Er hat 1000 Quadratmeter Ausstellungsraum - meist menschenleer - in bester Innenstadtlage. Anstatt die Entwicklung des hiesigen Kulturlebens, insbesondere auch der Arbeit der Galerien zu spiegeln und sich mit den real existierenden Problemen auseinanderzusetzen, veranstaltet man mit großem finanziellen Aufwand modische Gruppenausstellungen, in denen abstrakte Fragen Thema sind.

Diese Tendenz, Kunstvermittlung mit Marketing und Kunst mit Lifestyle-Design zu verwechseln, um sich einer übersättigten Zielgruppe Berufsjugendlicher anzubiedern, hat man schon zutreffend als "radical chic" bezeichnet. Mit elitärem Habitus und avantgardistischer Attitude wird die Diskriminierung und Ausgrenzung einer breiten Schicht Kunstschaffender und Kunstinteressierter gerechtfertigt. Eine faire Chance zur Prüfung ihrerArbeiten erhalten die lokalen Künstler nicht. Das Studium der im Internet publizierten Ausstellungs-Begleittexte lässt Zweifel an der fachlichen Kompetenz und intellektuellen Leistungsfähigkeit der hochdotierten künstlerischen Kunstvereins-Leitung als gerechtfertigt erscheinen. (Quelle: http://www.fkv.de).

Auch die Frankfurter Kommunale Galerie, getragen von der Stadt selbst, zeigt schon seit Jahren keine lokale Kunst. Die Leitung des verantwortlichen Amtes für Wissenschaft und Kunst reflektiert, beispielsweise mit dem Fotografie-Schwerpunkt genauso auf eine überregionale Bedeutung. Es ist überhaupt nicht plausibel zu machen, warum ein städtisches Amt, das für die Förderung des kommunalen Kunstlebens und der lokalen Künstlerschaft verantwortlich ist, mit diesem Anspruch als Veranstalter von Ausstellungen auftritt. Das Programm sollte eine Vielfalt repräsentieren, die auch Ergebnis demokratischer Prozesse war. Doch die Förderung der lokalen Szene bleibt aus.

Wie Kultursubventionen vergeben werden, das hat weit mehr Bedeutung als die Erschließung von Einsparmöglichkeiten. Erst eine Rückkehr zu marktwirtschaftlichen und demokratischen Prinzipien würde die unsinnige "hochkulturelle" Überversorgung beenden und die Voraussetzungen für eine systematische Breitenförderung innovativer Konzeptionen schaffen.

Mit ihrer Ignoranz und Untätigkeit, der fortgesetzten Weigerung, sich der Basis in einer öffentlichen Diskussion zu stellen und mit dem fehlenden schriftlichen Nachweis fachlicher und intellektueller Qualifikation bezeugen die Verantwortlichen selbst fortwährend ihre Unfähigkeit zu einer Lösung der bevorstehenden Aufgaben.

Robert Bock:

(Gastbeitrag; Frankfurter Rundschau vom 29.10.03)

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Die Kommunale Galerie als Spielwiese

Klaus Klemp unter Beschuß

"Was Klaus Klemp macht, läuft im Off": Nicht nur Ann Anders ist nun nicht mehr länger bereit, die Freiräume zu tolerieren, die Frankfurts Abteilungsleiter Kultur im Amt für Wissenschaft und Kunst nach Auffassung kulturpolitisch wacher Kreise seinem Ego einrichtet. Im städtischen Leinwandhaus, Übergangsquartier des "Portikus" sowie Domizil des Fotografie Forums International klebt Klemp an seiner Spielwiese offenkundig ohne Legitimation. Munter generiert er die den beiden Einrichtungen benachbarte Kommunale Galerie im Leinwandhaus – im Netz zu erreichen über klaus.klemp@stadt-frankfurt.de – Ausstellungen, ohne dafür einen Auftrag, geschweige denn einen Etat zu besitzen. Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Römer lüpft jetzt den Vorhang "Faktisch" sagt Anders, "ist die Galerie nicht existent, weil sie nirgendwo im Haushalt auftaucht"

Schon vor eineinhalb Jahren habe die Stadtverordnetenversammlung einstimmig beschlossen, das Kulturamt keine eigenen Ausstellungen mehr machen zu lassen. Vielmehr sollte es beraten und "Serviceleistungen für Kulturinstitutione, Bürger und Künstler erbringen, aber das macht Klemp nicht".
Anstatt, wie seitens der Politik gefordert "Veranstaltungen, die die Stadt für notwendig hält, in der Durchführung an Dritte weiterzugeben" bespiele er weiterhin in Eigenregie die Kommunale Galerie, wobei nicht zu erfahren sei, mit welchen Mitteln. Ann Anders: "Das taucht ja nirgends auf" .

Jetzt hat auch die FDP Fraktion – im Zuge aktueller Haushaltsberatungen – nachgefragt. "Mit welchen städtischen Mitteln und in welcher Höhe wurde die Kommunale Galerie in den Jahren 2002 und 2003 finanziert?", will man wissen, und: "Unter welcher Position sind diese im Haushalt zu finden?"
Damit nicht genug. Festgestellt werden soll überdies, ob etwa das Fotografie Forum aus demselben Topf gespeist wird. Anders: "Ich habe den dumpfen Verdacht, auch da hilft Herr Klemp nach." Die Politikerin kann sich vorstellen, daß der Mann, der aus dem Leinwandhaus schon ein Fotografiemuseum machen wollte, anstatt sich lokaler Kunst zu widmen, nicht bloß die Stromrechnung der Kommunalen Galerie aus dem Strometat des Amtes bezahlt, da wird was rausgezogen" und daß Klemp richtig viel städtisches Personal beschäftigt". Das tüte beispielsweise die Ausstellungseinladungen ein. Die Stadtverordnete allerding gar nicht bekommen. "Wir" beklagt Ann Anders, "erfahren von den Aktivitäten nur zufällig und womöglich drei Wochen später, wenn eine Rezension in der Zeitung steht."
Klemp hilft sich selbst und nach Meinung der Politiker kommen etliche zehntausend Euro auf undurchsichtige Weise im Leinwandhaus an.
Und was sagt Hans Bernhard Nordhoff zum Gebaren seiner, nicht schlecht bezahlten Instanz für die Bildende Kunst ? "Das ist das Problem" glaubt Ann Anders, "der weiß alles über die Zustände in seinem Amt, aber dem tanzen sie auf der Nase herum."

Von Dorothee Baer Bogenschütz

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(Informationsdient Kunst 290 (Dez. 2003))

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Die Vielfalt der hiesigen Kunst

Die Schule kann man sich wohl schenken. Und doch trotten Thomas Erdelmeiers bedauernswerte Kreaturen vermutlich tagein, tagaus in jene albtraumhafte Lehranstalt, deren Fundamente auf Platitüden und Ratgeberweisheiten gegründet scheinen. Nachher aber und mit der nötigen Distanz, so legen es die souverän hingeworfenen Aquarelle nahe, ist man immer schlauer. Und was dem Sprößling einst noch komisch oder schlicht platt erscheinen mochte, erweist sich nun als blanker Zynismus der Gewinnertypen. Eine gelegentlich schräge, mitunter schaudern machende Komik begegnet dem Betrachter immer wieder in der Ausstellung mit Papierarbeiten, die Robert Bock in der "AusstellungsHalle Schulstraße 1A" zusammengestellt hat.

Vor allem aber belegt die anregende Gruppenausstellung einmal mehr, daß die nach wie vor von der Schließung bedrohte ehemalige Waschhalle in Frankfurt nur schwer zu ersetzen sein dürfte. Veranschaulicht sie doch eindrucksvoll das Anliegen der Ausstellungshalle, der "qualitätvollen Vielfalt" der hiesigen Kunstszene im wahrsten Sinne des Wortes Raum zu geben. Eine ganze Reihe der beteiligten Künstler wie Martina Kügler, Astrid Stricker und Gerald Domenig, Kai Teichert oder Hans Jürgen Diez hat Bock in den vergangenen Jahren bereits in Einzelausstellungen vorgestellt; manchen, wie etwa Nino Pezzella, der einige souveräne Akte zeigt, gemeinsam mit anderen. Nun zeigen hier mehr als 40 Künstler anläßlich des fünfjährigen Bestehens der Ausstellungshalle ihre Arbeiten, darunter Zeichnungen, Aquarelle, Lithographien und Collagen.

Die mit Bleistift, Kohle, Tusche oder Buntstift aufs Papier gebrachte Zeichnung aber ist das vorherrschende Medium der Schau, und das Spektrum reicht von studienartigen Blättern über abstrahierende Landschaften bis zu erotisch inspirierten oder am Comic orientierten Darstellungen.

Jungen, noch wenig bekannten Künstlern begegnet der Betrachter ebenso wie vertrauten und im Ausstellungsbetrieb wenigstens passabel vertretenen Positionen. Bedauerlich an der "Wertpapiere" betitelten Schau ist allein der Umstand, daß man von dem einen oder anderen Künstler gerne mehr gesehen hätte.

Etwa von Nicole van den Plas, die nur mit einem ihrer wunderbaren Aquarelle in kleinem Format vertreten ist. Lucie Beppler bewegt sich wie stets souverän zwischen Abstraktion und Figuration, Auflösung und äußerster Verdichtung, und in Christiana Prottos spontan und reduziert zugleich erscheinenden "Vasenbildern" haben sich Ornament und Dekor offensichtlich erfolgreich von ihrem Gegenstand emanzipiert.

Spannend ist schließlich die Begegnung mit jenen Künstlern, die man aus gänzlich anderen Zusammenhängen kennt. Wenn etwa Thomas Draschan in Jahrzehnten vorgefundenes Material aus Zeitschriften, Werbung, Filmmotiven und Comic einfach abpaust, mag das mit Zeichnung im eigentlichen Sinne zunächst nicht sehr viel gemein haben. Aber darauf kommt es dem Städelabsolventen ohnehin nicht an. Sein Ansatz ist ein gänzlich anderer. Wie in seinen aus "Found footage"-Material komponierten Filmen bringt er überzeugend in einen Zusammenhang, was keineswegs zusammengehört. Die Fragmente aber fügen sich, auf eine zeichnerische Ebene gezwungen, zu amüsanten und mitunter makabren Geschichten. Sie geben noch den obskursten Assoziationen des Betrachters Raum.

 

CHRISTOPH SCHÜTTE

 

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(Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.04.2004 )

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