AUSSTELLUNGSHALLE - Schulstraße 1a HH - 60594 Frankfurt a.M. - Tel.:069/96200188
Pressestimmen



Kunsthalle meldet sich zurück

Neues Kuratorium hat ein Konzept entwickelt, um die Finanzierung der Ausstellungen zu sichern.

Wer bei Frankfurter Künstlern nach der «AusstellungsHalle 1a» fragt oder im Internet stöbert, stößt immer wieder auf dieses Zauberwort: «Relaunch». Denn nach Monaten der Ungewissheit, die nur einzelne Künstler zur Vorstellung ihrer Werke nutzen konnten, meldet sich die Halle am 7. Oktober mit der Gemeinschaftsausstellung «Zum Thema: Landschaft» in der Frankfurter Kunstszene zurück. 18 Künstler stellen ihre Beiträge der Malerei, Fotografie und Collage aus, darunter Volker Steinbacher, Karsten Kraft und Cristina Herradas.

Ein Anlass, zu dem möglichst viele Kunstfreunde sehen und auch gesehen werden sollten – vor allem vom Trägerverein «Kunst in Frankfurt». Denn der hat inzwischen ein Kuratorium gebildet, das mit Namen wie Sylvia von Metzler oder Frank Mußmann (früherer Leiter des Kulturamtes Frankfurt) den Erhalt der Halle sichern will. Ein weiterer wichtiger Schritt, nachdem unter der Federführung von Schriftführer Martin Bouchon durch Vereinsmitglieder und Freunde Spenden aufgebracht werden konnten, so dass der Verein ausstehende Mieten der Vergangenheit begleichen konnte.

Derweil hat Kunstwissenschaftler Robert Bock, der die Ausstellungen organisiert, für den Relaunch einen kleinen zusätzlichen Ausstellungsraum eingerichtet. Noch zu Jahresbeginn war die finanzielle Zukunft für die «AusstellungsHalle 1 a» in der Schulstraße ungewiss, weil städtische Zuschüsse nicht mehr in Aussicht waren. Auf die war der Trägerverein aber angewiesen, da die Halle sich nicht als kommerzielle Galerie versteht. Jetzt hat das Kuratorium ein Konzept erarbeitet, um die finanzielle Grundlage durch gezielte Anwerbung von neuen Vereinsmitgliedern und Sponsoren zu sichern. Auch neue städtische Fördermittel sind inzwischen beim Kulturamt Frankfurt beantragt.

«Wir wollen die Arbeit in der Halle gezielt auf drei Säulen stellen», erläutert Bouchon. «Zum einen kennen wir genug Kunstfreunde in der Stadt, die sicher bereit sind, die Halle mit einem festen Jahresbeitrag zu unterstützen.» Der solle bis zu einer Höhe von 150 Euro gestaffelt werden.

 

Mit Namen hält sich Bouchon noch bedeckt. «Immerhin ist der Verein schon in den vergangenen Monaten auf 67 Mitglieder angewachsen», betont er.

Die zweite Säule seien Sponsoren: «Gedacht ist dabei vor allem an Firmen, die die Ausstellungshalle auch für Events im Zusammenhang mit der ausgestellten Kunst nutzen können», erklärt Bouchon. Als dritte Säule soll schließlich die Stadt wieder gezielt angesprochen werden. «Wenn die sehen, dass wir aus eigener Kraft doch einiges bewegen können, werden die uns sicher auch wieder unter die Arme greifen», ist Bouchon überzeugt. Vor fünf Jahren war es Robert Bock gelungen, mit einer Anschubfinanzierung der Hessischen Kulturstiftung die ehemalige Wäscherei in einem Hinterhof der Schulstraße 1 a anzumieten und zu einer Ausstellungshalle für Künstler aus Frankfurt und der Rhein-Main-Region umzubauen. Vor allem der weitläufige Raum für große Bilder und Skulpturen in der 240 Quadratmeter großen Halle war für Bock damals ausschlaggebend.

Die «AusstellungsHalle» verstand sich seit jeher als Kompromiss zwischen Galerie und Museum. Der Verkauf von Kunstwerken spielt nur eine geringe Rolle. Wegen schwankender Mitgliederzahlen waren die Beiträge des Trägervereins aber nie besonders hoch. Da die Stadt nur rund 4000 Euro jährlich beisteuerte, kam der Verein zu Jahresbeginn in Zahlungsschwierigkeiten. Denn um die Miete und die Ausstellungen samt Kataloge zu finanzieren, sind nach Bouchons Berechnungen jährlich rund 50 000 Euro notwendig.

Dank der Kulanz des Vermieters und der Spendenbereitschaft einiger Kunstfreunde konnte sich die Halle mit Ausstellungen wie der von Rainer Jochims über die vergangenen Monate retten. «Es muss doch in einer Stadt wie Frankfurt möglich sein, auch kleinere Kunstvereine und Hallen ausreichend zu fördern», hofft Robert Bock und blickt hoffnungsvoll auf die Überarbeitung. (got)

(Frankfurter Neue Presse vom 21.09.2004 )

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Zitterpartie

Ungewisse Zukunft der Frankfurter Universitätsbauten

Seit geraumer Zeit stehen Bauten der Nachkriegszeit in Frankfurt am Main zur Disposition. Mit dem umstrittenen Abriss des Zürich-Hauses im Februar 2002 wurde an der einst als Hochhausachse konzipierten Bockenheimer Landstrasse ein unerfreulicher Umbau eingeleitet, der bald die Bauten des Universitätscampus erreichen dürfte.

An der Schnittstelle von Frankfurter Westend und angrenzendem Bockenheim-Viertel entstand seit 1953 unter der Leitung des damals gerade aus dem Exil zurückgekehrten Ferdinand Kramer die erste deutsche Campus-Universität nach amerikanischem Vorbild. Angesichts steigender Studentenzahlen wurde sie über die Jahrzehnte immer wieder erweitert und die Institute zunehmend auch ausgelagert. Vor zwei Jahren hat die geisteswissenschaftliche Fakultät ihr neues Domizil im 1930 von Hans Poelzig erbauten und 2002 von den dänischen Architekten Dissing und Weitling vorbildlich restaurierten IG-Farben-Gebäude auf dem neuen Campus Westend bezogen. Dieser soll nun für die noch in Bockenheim verbliebenen Institute ausgebaut werden. Die Finanzierung will das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, dem die Universität untersteht, mit dem Verkauf der am alten Standort bestehenden Gebäude sichern. Im Juni letzten Jahres wurde ein städtebaulicher Wettbewerb entschieden, der eine Neubebauung des gesamten Campus-Areals vorsieht. Dieses Vorhaben hätte seinen Lauf genommen, wenn sich die seit Jahren anhaltende Krise auf dem Immobilienmarkt und die stagnierende Nachfrage nach Büroraum gebessert hätten. Inzwischen suchen die Verantwortlichen nach anderen Wegen. Seitens der Universität Frankfurt und der Fachhochschule Wiesbaden sind baugeschichtliche Untersuchungen im Gange, die eine Umnutzung der Bauten in Betracht ziehen.

Vernachlässigtes Baudenkmal

Das 1960 von Ferdinand Kramer als Institut der geisteswissenschaftlichen Fakultät an der Gräfstrasse erbaute Philosophicum zum Beispiel gilt als erhaltenswertes Baudenkmal. Doch zeigte der Fall des Zürich-Hauses, das ebenfalls unter Denkmalschutz stand, wie wenig verlässlich dieser Status in Frankfurt ist. Seit dem Umzug der Fakultät steht das Gebäude leer und sein inzwischen ruinöser Zustand ist das Resultat einer schon Jahre andauernden Vernachlässigung. Obwohl die Architektur des Philosophicums heute vielen nicht eben am Herzen liegt, galt es zu seiner Entstehungszeit als eine Pionierleistung. Im Unterschied zu anderen Institutsgebäuden auf dem Campus basiert es nicht auf einer Stahlbetonkonstruktion, sondern auf einer Stahlskelettstruktur, die nicht ummantelt wurde. Jeweils 21 Stahlstützen sind an den Aussenseiten vorgelagert und gliedern als Doppel-T-Träger die Längsfassaden des neungeschossigen Scheibenhochhauses. Das Konstruktionsraster bleibt klar ablesbar und ist einheitlich mit vorgefertigten, weiss gefassten Betonplatten und Fensterelementen aus Aluminium ausgefacht. Zur Gräfstrasse hin akzentuieren zwei Versorgungstürme mit Treppenhäusern, Liftschächten und Toiletten die Fassade. Sie dienen zugleich der Versteifung des nur gut 10 Meter breiten Hochhauses.

 

Die Orientierung an amerikanischen Vorbildern tritt in Details wie den als aussen liegende Fluchtwege dienenden Feuerleitern zutage und auch an der Stahlskelettbauweise selbst, die in den USA nicht nur im Industrie- sondern auch im Bürobau längst üblich war. In Deutschland war diese Anwendung damals ein Experiment. Reduziert auf das Wesentliche seines Rasters, lässt das Gebäude auch an die funktionalen Konzeptionen des neuen Bauens in den zwanziger Jahren denken. Nach dem Krieg wollte man genau dort wieder ansetzen. Und keiner vertrat diese Haltung exemplarischer als Ferdinand Kramer. Er wurde 1898 in Frankfurt geboren und war nach seinem Studium an der TU München ab 1925 im Frankfurter Hochbauamt unter Ernst May an der Entstehung der Siedlungen des Neuen Frankfurt massgeblich beteiligt. In der Abteilung für Typisierung entwarf er Möblierungssysteme, die mit der Werkbundausstellung «Die Wohnung für das Existenzminimum» von 1929 wegweisend für die Einrichtungen klein bemessener Wohnungen wurden. Nach seiner Rückkehr aus dem amerikanischen Exil im Jahre 1952 wurde er mit dem Neuaufbau der kriegszerstörten Frankfurter Universität betraut. Hier musste Kramer mit einem beschränkten Budget möglichst schnell Raum für Lehre und Forschung schaffen. Er arbeitete deshalb ausschliesslich mit standardisierten Bauteilen und konzipierte selbst Ausstattungselemente wie Türen, Beleuchtungskörper und Möbelstücke einheitlich. In diesen Universitätsbauten, die äusserst kostensparend und auf den ersten Blick rein rechnerisch realisiert wurden, liegt aber eine Vielfalt an Variationsmöglichkeiten. In den Details zeigt jedes Gebäude einen eigenen Charakter.

Architektonische Feinheiten

Der Stahlskelettbau des Philosophicums erlaubte mittels der Auslagerung der Stützen eine flexible Gestaltung im Inneren. Neben einbündigen Anordnungen von Arbeitsräumen, die durch schmale Flure erschlossen werden, gibt es grosszügige, die gesamte Etagenbreite einnehmende und beidseitig belichtete Seminar- und Bibliotheksräume. Im obersten Stockwerk werden die ehemaligen Räume des Archäologischen Instituts von kreisrunden Oberlichtern in ein diffuses Licht getaucht und in den Versorgungstürmen erhalten die Treppenhäuser Tageslicht durch Bänder aus Glasbausteinen, die von aussen betrachtet die Erschliessungstrakte vertikal markieren.

Feinheiten wie diese machen den Reiz der Bauten auf dem Universitätscampus aus. Sie erschliessen sich allerdings erst auf den zweiten Blick. Im Fall des 1957 erbauten Instituts für Lebensmittelchemie und Pharmazie hat man dies erkannt und plant inzwischen eine Umnutzung. Es wäre wünschenswert, wenn dies auch für die anderen Institute vorgesehen würde und ein bauliches Ensemble aus der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht einer unüberlegten Neubebauung zum Opfer fiele.

Corinne Elsesser

(Neue Zürcher Zeitung vom 25.09.2004 )

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Zeitgenössische Naturbilder

"Zum Thema Landschaft" in der Ausstellungs-Halle Schulstraße

"Der Königsweg der Malerei", so hat Peter Angermann einmal geschrieben, sei "die Nachahmung der Natur". Das nimmt sich auf den ersten Blick hübsch altmodisch aus. Und wer weiß, daß der ehemalige Professor der Städelschule seit Jahren seine Staffelei in fränkischer Landschaft aufstellt, um vor der Natur zu malen, könnte ihn ebensogut für mutig wie für naiv halten. Angermann aber ist sich, gleich ob er in seinen Bildern komische Geschichten erzählt oder als Plein-air-Maler scheinbar völlig ironiefrei Landschaften malt, immer treu und der gegenständlichen Malerei verpflichtet geblieben. Und er hat sich, über all die Jahre und angesichts wechselnder Moden, als virtuoser zeitgenössischer Künstler behauptet.

Malerei ist, könnte man folgern, wenn man's trotzdem macht. Und was der Kunst recht ist, kann Robert Bock nur billig sein. Stand doch die Frankfurter AusstellungsHalle Schulstraße 1a, wo Angermanns Bilder jetzt in der Gruppenschau "Zum Thema: Landschaft" zu sehen sind, noch vor wenigen Monaten vor der Schließung. Nun hat der Trägerverein "Kunst in Frankfurt" ein "Relaunch" in die Wege geleitet, das den vor fünf Jahren eröffneten Ausstellungsort auf ein finanziell tragfähiges Fundament stellen will. Ein prominent besetztes Kuratorium, verstärkte Mitgliederwerbung und eine institutionelle Förderung seitens der Stadt sollen das Überleben der Halle sichern.

Anlaß zur Hoffnung besteht also, daß dieser einmalige und gerade für junge Frankfurter Künstler so wichtige Ausstellungsort erhalten bleibt. An Interesse seitens des kunstinteressierten Publikums mangelte es ohnehin nie. Wenn Bock jetzt 18 Künstler unterschiedlicher Medien "Zum Thema: Landschaft" vorstellt, dann geht es freilich nicht nur um ein populäres, wenn auch nicht unbedingt angesagtes Sujet. Es geht wohl vor allem um einen Begriff von Landschaft und Natur aus zeitgenössischer Sicht, den man sich nun anhand der Malerei Angermanns machen kann oder bei der Betrachtung von Kai Teicherts barock anmutenden Idyllen.

Ernst Stark ist mit Kleinplastiken vertreten, in denen sich einsame Figuren in weiter Traumurlaubskulisse verlieren,

 

während Tobias Rappel oder auch Volker Steinbacher mit seiner Collage den Blick von der Anschauung auf Strukturen, Schichtungen und Verwerfungen lenken. Doch sind es die Arbeiten auf Papier und die Fotografie, die den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen. Nicole van den Plas' herrliche Aquarelle und Zeichnungen etwa oder Sandra Manns die Natur als vermittelte, als Projektion vorführende Fotoarbeiten. Oder Peter McClennans Farbaufnahmen blühender Gärten, die sich bei aller Sinnlichkeit und Üppigkeit sogleich als gestaltete Natur, als Kultur also, zu erkennen geben.

Dagegen bewegt sich Lucie Beppler irgendwo zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion. Und in der Ausstellungs-Halle läßt sie den Betrachter bei diesem scheinbar so leichthändigen Hin- und Herschwingen förmlich zusehen. Während ihre Fotografie die Landschaft als Geflecht aus Linien und grafischen Strukturen erscheinen läßt, stellen sich angesichts der neuen, ganz wunderbaren Zeichnungen, die sie mit Bleistift und Kuli, Radiernadel und Ölstift weniger auf die Fläche bringt, als vielmehr, das Material geradezu malträtierend, ins Papier und den Karton eingräbt, wie von selbst landschaftliche Eindrücke ein.

Gerald Domenig arbeitet mit Schwarzweißaufnahmen aus den österreichischen Bergen weiterhin beharrlich an der Auflösung, am Verschwinden der Wirklichkeit hinter dem fotografischen Bild. Alles liegt offen, das Motiv, eine weite Ebene oder eine tiefe Klamm, erscheint auf den ersten Blick eindeutig. Und doch löst sich alles auf und drängt wie von selbst zur Abstraktion. Aus Raum wird Fläche. Vordergrund und Bildtiefe, Oben und Unten, Wasserfall und tiefe Schlucht - je länger man schaut, desto mehr verschwimmt und verliert sich die Landschaft im Zusammenspiel von Linien, von helleren und dunkleren Flächen, in einer Abstufung von Grauwerten. Die Natur, sie mag idyllisch, grenzenlos, bedrohlich oder verloren scheinen. In der Kunst mag man sich ein Bild von ihr machen.

CHRISTOPH SCHÜTTE

(Frankfurter Allgemeine Zeitung, vom 15.10.2004)

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Traum vom Loft-Wohnen im Philosophicum

Denkmalschutz für die Kramer-Bauten auf dem Uni-Gelände sorgt bei der Entwicklung für Ärger - und für neue Ideen.

Die Entscheidung über die Bau-Denkmale des Architekten Ferdinand Kramer in Bockenheim drängt. Im Frühjahr soll der "Rahmenplan" der Stadt für das Uni-Gelände stehen. Die Wartezeit lässt Ideen zur Umnutzung der 50er Jahre-Bauten wachsen. Die neueste: Loft-Wohnen im Philosophicum an der Gräfstraëe.

Großflächig und weiträumig verteilt liegen die Zweckbauten des Universitätsbaumeisters Kramer (1898 - 1985) im Bockenheimer Universitätsgelände - die älteren in gelbe Klinkersteine gekleidet, die jüngeren in graue Betonteile gefasst. Längst nicht all diese Zeugnisse des Wiederaufbaus aus Trümmern sind geschützt. Aber alle kommen der gewünschten Vermarktung des Gebiets zwischen Messe und Bockenheimer Warte zur Finanzierung des Umzugs der Hochschule ins Westend und nach Niederursel quer.

"Dann bleiben wir hier"

Universitäts-Präsident Rudolf Steinberg möchte in die Luft gehen, wenn er auf Kramers Bauten angesprochen wird: "Müssen wir die erhalten, können wir den Umzug abblasen. Dann bleiben wir hier im Labsaal", sagte Steinberg ärgerlich, als am Montag dort in der Alten Mensa die Entwürfe zum weiteren Ausbau des naturwissenschaftlichen Campus Riedberg vorgezeigt wurden.

Auch im Landesdenkmalamt Hessen ist die Stimmung gereizt: "Der Uni-Präsident will alles besenrein vermarkten", werten die Experten. Konservator Christoph Mohr beharrt darauf: "Die Denkmaleigenschaft der Gebäude bleibt bestehen!" Freilich könnten "die Politiker abwägen, ob ihnen etwas anderes wichtiger ist". In Frankfurt werden derartige Entscheidungen pragmatisch getroffen. Schon "der Fall des Zürich-Hauses", resümierte die Neue Zürcher Zeitung am 4. September in einer Abhandlung über die "Zitterpartie" in Bockenheim, habe gezeigt, "wie wenig verlässlich der Denkmal-Status in Frankfurt ist".

Besichtigungstour gemacht

Wissenschaftsminister Udo Corts "wird entscheiden müssen, ob die Kramer-Bauten aus dem Denkmalschutz entlassen werden", erwartet Peter Rost in der Uni-Planungsabteilung. Der Minister zeigt sich auch informiert, denn er hat mit den ihm unterstehenden Denkmalschützern eine Besichtigungstour durch Bockenheim gemacht. Im Zentrum des Rundgangs standen die Universitätsbibliothek an der Bockenheimer Landstraëe, das bereits länger leer stehende, neunstöckige "Philosophicum" an der Gräfstraëe 74 und die "Alte Pharmazie" an der Georg-Voigt-Straëe 14, schräg gegenüber des Marriott-Hotels.

Diese drei, alle von Ferdinand Kramer entworfen, rücken in das Zentrum der Auseinandersetzung. Darüber hinaus wird das Studentenhaus auf dem Campus-Gelände (Jügelstraße), im Jahr 1953 gebaut aus Mitteln der amerikanischen McCloy-Stiftung, zum Konfliktfall. Denn die Rückseite des Gebäude-Karrees mit dem lebendig genutzten Innenhof würde in die dort geplante Grünanlage namens "Landwehr" ragen. Udo Corts, Hessischer Minister für Wissenschaft und Kunst, befragt zu Ferdinand Kramers Erbe, gibt sich diplomatisch: "Ich möchte, dass Beispiele von Kramers Bauten übrig bleiben, aber wir müssen den Entwicklungsplan für die Universität realisieren können."

Der Fachminister ist also bereit, den Denkmalschutz für die Mehrzahl der Bauten aufzuheben? Seine Antwort: "Ja - für die Zukunft der Wissenschaft!"

Ein Investor ist schon da "Die Bauten sind international gerühmt. Die Universität kann es sich nicht leisten, zu sagen: Alles, was nach dem Krieg gebaut wurde, ist Mist", beharrt Landesdenkmalpfleger Christoph Mohr.

 

Da könnte als Vorschlag zur Güte ein Umnutzungsplan gelegen kommen, der ausgerechnet für das ungeliebteste aller geschützten Kramer-Bauten gemacht wird: Das riesige, massige Philosophicum an der Gräfstraëe 74 wird zum Umbau in Loft-Wohnungen vorgeschlagen. Entwerfer des Plans ist der Architekt Professor DiWi Dreysse, der 2003 in der Jury des Städtebaulichen Realisierungswettbewerbs für die "Neustrukturierung des Campus Bockenheim" gesessen hat.

Das zehn Meter tiefe Philosophicum, erbaut 1960, steht in einem Streifen des Entwicklungsplans, in dem Wohnhäuser vorgesehen sind. Die Stadt verlangt für das gesamte Gebiet einen Wohnanteil von 30 Prozent. Dreysses Entwurf, für den es auch einen Investor gäbe, würde demnach aus seiner Sicht "der städtebaulichen Absicht für das Grundstück nicht widersprechen".

Kramers in Stahl-Fachwerk errichtetes Institutsgebäude, erkennbar an der charakteristischen Zick-Zack-Feuerleiter, könnte in jedem der beiden durch Treppentürme getrennten Trakte bis zu drei große Wohnungen (zwischen 80 und 210 Quadratmetern) pro Etage aufnehmen. Wohnen in Industrie-Architektur: Für Denkmalschützer Mohr wäre das "etwas, das am Markt geht" - bei "jungen, qualifizierten Leuten, die nicht im Reihenhaus leben wollen".

Es ließen sich nach Dreysses Konzept in das Philosophicum auch nach Belieben Loggien einpassen: "Man nimmt", beschreibt er, "einfach an den Stahl-Fächern die Wände zurück." In den oberen zwei Etagen wäre Platz für Maisonnette-Wohnungen - die leer geräumte Bibliothek unter dem Dach könnte sogar zu einer Schwimmhalle werden. Dreysses Rechnung: Obwohl der Bau entleert, obwohl besserer Sonnenschutz, eine andere Heizung eingebaut und überhaupt saniert werden müsste, käme dieses Projekt nicht teurer, als ein Neubau.

Als eine offene Frage bleibt für ihn zunächst: "Wie viel Geld das Land Hessen für das Grundstück haben will?"

Von Claudia Michels

kommentar

Spröde

Gegen Ferdinand Kramers Bauten auf dem Bockenheimer Universitäts-Gelände scheint zu sprechen, dass der Aufenthalt, etwa im Philosophicum, vielen in quälender Erinnerung ist. Abweisend, grau, aufgeheizt und ziemlich finster; man konnte sich verloren fühlen und das zeigte sich auch durch die Schmierereien an den Wänden.

Wer diese Argumente anführt, bekommt von den Denkmalschützern zur Antwort: Das alles treffe nur zu, wo die Häuser weder gepflegt noch modernisiert wurden. Blinde Fenster, auf Halbmast hängender Sonnenschutz oder eine ständig bullernde Heizung kann man nach Jahrzehnten nicht dem Architekten anhängen. Das muss man der Universität und der Geringschätzung ihrer Bedeutung in den 70er und 80er Jahren vorhalten.

Und doch ist die Gemeinde, die die Architektur der "Zweiten Moderne" hoch hält, nicht kleiner geworden. Kolonnen von Sympathisanten haben die vergammelten Kramer-Möbel bis zur letzten Buchstütze aus dem Philosophicum herausgeschleppt. Bei dem Ausverkauf konnte man nur staunen - dass über der Verwahrlosung das verblasste Design des Entwerfers noch erkennbar war. Wenn sich Leute vorstellen können, in diesem spröden Charme zu wohnen, spiegelt sich darin das Interesse eines Teils der Stadtgesellschaft. Nicht alle wollen wohnen, wie es sich Planer so denken.

Von Claudia Michels

(Frankfurter Rundschau vom 26.10.2004)

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Das Runde im Eckigen

Ernst Caramelle in der Frankfurter Ausstellungshalle

Manchmal sieht man ja den Wald vor lauter Bäumen nicht. Und dann kommt jemand, deutet hierhin und dorthin, und mit einem Mal sieht man Dinge, die vorher gar nicht da waren. Oder einfach nicht im Bild, besser: außerhalb der Wahrnehmung des Betrachters. In Anlehnung an eine Karikatur aus dem "New Yorker", der Ernst Caramelle einen zentralen Platz in der Frankfurter Ausstellungshalle Schulstraße 1A zugewiesen hat, möchte man diesen Jemand Miss Jenkins nennen. Eine Sekretärin, deren Erscheinen ihren Chef von seiner geradezu zwanghaften Raumwahrnehmung erlösen könnte, neue Sichtweisen ermöglichte auf das Bestehende, sattsam Bekannte und das so sorgsam durchdachte Konzept in Frage stellte. Doch wo bleibt sie nur? In der Karikatur läßt sie auf sich warten, dabei ist sie längst da.

Wenn Caramelle nun in der Ausstellungshalle illusionäre Architekturen andeutet, den Raum öffnet und zugleich zu spiegeln scheint, Fenster und Durchgänge evoziert oder erst ins Blickfeld rückt und freskoartig monochrome Farbräume auf die Wand malt, dann erinnert diese Vorgehensweise ein wenig an die abwesende Miss Jenkins. Dabei bringt er keineswegs das gewünschte - und in Wahrheit längst vorhandene - "round object" der Karikatur in einen durch und durch eckigen Raum, im Gegenteil, er bleibt dem regelmäßigen, auf die Fläche der weißen Wand gesetzten Rechteck treu. Und doch ist alles anders. Spätestens mit seiner Teilnahme an der Documenta IX, als er einen der zentralen Räume des Fridericianums bespielte, ist der 1952 in Tirol geborene und inzwischen in Karlsruhe lehrende Ernst Caramelle einem großen Publikum vor allem durch seine auf den jeweiligen Ort bezogene Wandmalerei bekannt geworden.

In Frankfurt jedoch, der Stadt, in der er seit vielen Jahren lebt, hat er seit seiner für den Portikus realisierten Arbeit vor mehr als zehn Jahren nicht mehr ausgestellt. Und doch stets beharrlich und geduldig weitergearbeitet an einem Werk, das von der Zeichnung, über die herrlich komischen "forty found fakes", die Fotografie, Video und die sich über Monate entwickelnden "Lichtbilder" bis zu Rauminstallationen und den seit 20 Jahren entstehenden und, möchte man angesichts ihres meist ephemeren Charakters hinzufügen, wieder vergehenden Wandmalereien.

Ein Werk, das sich nicht zuletzt durch seinen feinen Humor auszeichnet, während es beinahe spielerisch Fragen aufwirft: nach der Kunst und dem Kunstbetrieb, dem Original und der Signatur und immer wieder der Wahrnehmung. In der Ausstellungshalle tritt zunächst der Raum selbst ins Zentrum der Aufmerksamkeit, man nimmt Details, Fluchten und leicht aus dem Bild kippende Perspektiven wahr, dialogische Bezüge zwischen innen und außen auch, während Fenster zu Bildern und Bilder zu Fenstern werden. Zugleich rückt Caramelle mit den exakt bemessenen rechteckigen Farbflächen von teils monumentalen Ausmaßen den Kontext, den Ort als Kunstund Ausstellungsort ins Blickfeld. So, als wolle er sagen: "Hier könnten dann die Bilder hängen." Allein, sie sind längst da. Nur Miss Jenkins läßt weiter auf sich warten.

CHRISTOPH SCHÜTTE

(Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27.11.2004)

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Hurtig, flüchtig

Ernst Caramelles Wandmalerei

Von Dorothee Baer-Bogenschütz

Die Karikatur, die Ernst Caramelle in der Zeitschrift New Yorker entdeckte, ist eine Einlassung zu Form und Norm. "Miss Jenkins, würden Sie bitte ein rundes Objekt in mein Büro bringen?" fragt ein Mann seine Sekretärin. Denn Schreibtisch, Leuchte, Uhr - alles ist eckig in diesem Zimmer, einzig die Brille des Mannes nicht. Aber die sieht er ja nicht. Ernst Caramelle zeigt das New Yorker Fundstück von der Büroexistenz mit eingeschränkter Perspektive nun in der Frankfurter Ausstellungshalle in Sachsenhausen. "Eine kleine Fußangel", sagt der Künstler, "hier geht es mir um die Frage: was sehen wir eigentlich?"

Caramelle ist Wahrnehmungsspezialist. Wer die Ausstellungshalle betritt, erblickt Farbfelder und Farbbänder auf den weißen Wänden. Die Stellwand, die die Halle unterteilt, hat Caramelle mit fensterartigen Vierecken in sogartigem Preußischblau akzentuiert. Zwei breite horizontale Streifen betonen den oberen und unteren Abschluss. Die Wand erscheint wie ein Bild der Moderne. Dabei bezieht Caramelle seine Malerei formal auf die vorgefundene Raumsituation. Sogar die Deckenschräge findet ein Echo.

Der Tiroler, der in Frankfurt und New York lebt, wesentlich Zeichner ist und von Peter Weiermair, dem ehemaligen Leiter des Frankfurter Kunstvereins, frühzeitig gefördert wurde, hat seine Ausdrucksmittel in den achtziger Jahren umfassend erweitert. Zu Zeichnung, Fotografie und Video kam dauerhaft die Wandmalerei. Die psychologische Wirkung von Farbe, die Kniffe, mit denen auch Innenarchitekten ein verändertes Raumgefühl schaffen, kennt Caramelle gut.

In Frankreich, der Schweiz und Österreich, in New York und Caracas waren oder sind Beispiele seiner Raumgestaltung zu sehen. 1993 war der Konzeptkünstler, der an der documenta IX teilgenommen hat und seit zehn Jahren an der Karlsruher Kunstakademie lehrt, im Portikus zu Gast. Seitdem ließ er in Frankfurt nichts mehr von sich sehen.

Der Reiz der Verfälschung

Robert Bock hatte lange schon den Wunsch, ihn in seine Ausstellungshalle zu holen. Caramelle unterstreicht mit seiner Kunst ihren Charakter. Im hinteren Bereich der Halle setzte er eine weinrote verwaschen wirkende Fläche gegen einen pastosen olivgrünen Streifen, der mit dem Boden abschließt. Gegenüber wurde ein Wandabschnitt hellgelb. "Es geht um die Architektur und den Reiz der Verfälschung", sagt Caramelle. Die Wände wurden für den Farbauftrag mit Zeitungen abgeklebt, dann mit Pinseln und Schwämmen hurtig bearbeitet. Dabei fesselt den Künstler das Ephemere: "Die Pigmente werden ein bisschen angerührt, so dass sie an der Wand gerade haften, dann kommt die Intuition hinzu, und dann könnte man hingehen und mit einem Schwamm alles wieder wegwischen."

Ein zufällig entstandenes Video zeigt den Maler, wie er im blauen Mantel um die Ecken fegt. Geplant war, ihn bei der Arbeit zu fotografieren, doch weil die Spezialkamera nicht entsprechend bedient wurde, entstanden hinreißende Filmsequenzen.

(Frankfurter Rundschau vom 30.11.2004)

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